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No One Night Kill 3

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Je weiter sich die Tür öffnete, desto mehr weiteten sich ihre Augen. Bernadette war sprachlos. Sprachloser als sie ohnehin schon war. Damit hätte sie nicht gerechnet. Anders als erwartet war das Scars kein Piratenversteck, keine Absteige oder gar kein Treff für den morgendlichen Frühschoppen nach einem Kegel-abend im Münchhausener Kegelclub, das Scars war anders. Bernadette wusste nicht, wie sie die Situation einschätzen sollte. Denn statt in einer Filiale des Lerchenkellers stand sie nun mit zwei Fremden, die sie ohnehin nicht einordnen konnte, in einem undefinierbaren Etwas. Im Vergleich zur leicht flackernden Holzfassade war das Scars in einem grünen leichten Neonlicht erleuchtet. Die Wände waren in einem dunklen Meerblau gestrichen. Die Farbe des Meeres war das einzige, das sie an ihre abenteuerlichen Gedanken erinnern ließ, an die Piratenhöhle in ihrem Kopf. Der Rest des Interieurs passte komplett nicht in ihre Vorstellung. Nicht nur die Glaswände, welche das Scars in kleinere Abschnitte teilten oder der metallene Tresen, an dem zwei Barkeeper eifrig Getränke aus-teilten. An dem statt griechischen Wein gut durchgemischte Musikcocktails serviert wurden und der von einem großen, blitzenden zwei Meter langen Schwert an der Decke überragt wurde. Auch die großen wehenden Wandventilatoren, die von allen drei Seiten Luft ins Scars bliesen, verwunderten sie. Auf eine Art fand sie das Scars interessant, war erleichtert darüber, dass sie nun noch nicht an einem Galgen gehievt würde, aber andersrum konnte sie das „wirkliche“ Scar nicht einordnen. Befand sie sich jetzt einfach nur in einer „normalen“ harmlosen Bar oder war die Einrichtung auch nur eine Fassade, wie die Holzfassade zuvor für die eher gediegene Lounge – Atmosphäre? Bernadette grübelte. Vielleicht liefen ihre Gedanken bereits wirklich Amok? Angestachelt durch den letzten DVD-Abend? Durch den Film, in dem einer jungen Frau K.O. – Tropfen ins Glas gemischt worden waren, während sie kurz ihr Glas aus den Augen verloren hatte? Diese danach auf offener Straße zusammenbrach und dann überfallen wurde? Bernadette bemerkte, wie sie wieder zu zittern begann und sich ihre leichten dünnen Haare aufrichteten, als ein Luftzug über ihre Arme hinwegwehte. Als der Boden durch dumpfe Bässe angetrieben wummerte und ihre Füße erneut zum Hämmern brachte. Als Antonio ihre Hand nahm und sie quer durch die Bar zu einem Tisch in der hintersten Ecke führte. Als sie bemerkte, dass ihr irgendetwas Angst machte, aber sie nichts dagegen tun konnte. Es war bereits spät. Bernadette war bereits in Antonios grünen Augen versunken, welche zusammen mit dem grünen Licht zu einem Lichtrauschen verkamen.

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