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No One Night Kill 5

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„Magst du uns jetzt mehr von dir erzählen?“ unterbrach Raphael das Gelächter der Beiden. „Das war gerade echt nur ein Scherz. Wir sind ganz harmlos – oder fast besser gesagt. Aber wer ist schon ein Engel?“, fuhr er fort, während Antonio breit zu grinsen begann. „Bernadette ist einer. Zumindest lacht sie so unbekümmert, als wenn sie keinem schaden könnte. Schau‘ dir doch alleine ihren unschuldigen Blick, ihre grün-blauen Augen, strahlend wie ein Edelstein, an. Dazu ihre schulterlangen dunkelblonden Haare. Fehlen nur noch die Flügelchen. Wer weiß. Vielleicht hat sie die auch noch versteckt. Irgendwo. Das krieg ich noch raus. Vielleicht schon heute Nacht.“, entgegnete Antonio, der Bernadette zuzwinkerte. Diese wiederum wusste nicht wie ihr geschah. Einerseits imponierten ihr Antonios Komplimente, anderseits war sie sich weiterhin nicht sicher, ob sie von ihrem Ersteindruck getäuscht wurde und die beide wirklich nur bellende Hunde waren oder ob ihre Intuition Recht hatte und die beiden wirklich etwas verbargen. Dass ein dunkler Schatten auf den Beiden lag? Schatten im schummerigen Neonlicht. Aber was sollte ihr hier schon passieren. Das Scars war gut besucht, belebt und keineswegs so gefährlich und Angst einflößend, wie sie gedacht hatte, als sie mit ihnen vor der Tür stand. Wenn man es genau nahm, fühlte sie sich sogar ganz wohl in der Bar. Die Musik gefiel ihr und auch das Ambiente war vielleicht nicht ganz nach ihrem Geschmack, aber schmeckte ihr nicht schlecht. War zumindest etwas anderes, als der Bowlingcenter und die angrenzende Bar, in der sie sonst oft ihre Abende verbrachte. Ja, hier war sie sicher. Solange sie im Scars bleiben würde, würde ihr nichts passieren. Das stand für sie fest und änderte sich auch nicht mehr, als Raphael sein Messer zurechtzupfte und wieder in der Schnalle fixierte. Etwas, was ihr vor wenigen Augenblicken noch gehörig Angst eingejagt hätte. Doch jetzt war sie zwar nicht die Gelassenheit in Person, aber dennoch recht entspannt. So entspannt, dass sie zum ersten Mal an diesem Abend nicht schüchtern den Blicken der Beiden auswich, sondern gezielt Blickkontakt suchte. „Also ihr wolltet ja mehr über mich wissen. Aber bevor ich von mir erzähle, möchte ich auch was von euch wissen. Ist doch nur…“. Bevor Bernadette den Satz beenden konnte, kam der Kellner bereits zurück mit drei prall gefüllten Cocktailtürmen. Die Gläser waren so groß, dass der Kellner kaum über die Gläser hin weggucken konnte und daher seine Blicke an den Gläsern vorbeistreifen musste, um den Weg zu dem Tisch zu finden, was ihm aber routiniert gelang. Bernadette hätte es so keine zwei Meter geschafft ohne etwas zu verschütten. Wie oft diese extra großen Cocktails wohl bestellt wurden, fragte sie sich, ehedem ein Turm ihr frontal die Sicht versperrte und die ganze Aufmerksamkeit Bernadettes von der Bar auf den Red Death lenkte. Vom nahen wirkte das Getränk noch größer und beeindruckender. Nicht die dekorierenden Kirschen und Grapefruits fingen Bernadettes Aufmerksamkeit ein, sondern das gut gefüllte fluoreszierende Glas, welches je nach Lichteinfall entweder knallrot leuchte, dann jedoch eher wie frisches Blut aussah. Bernadette wusste nicht, wie ihr geschah. Sollte sie diesen Alkoholkratzer gleich einstürzen lassen? Ja, das sollte sie. Daran bestanden keine Zweifel, als Antonio und Raphael gleichzeitig an dem Doppelstrohhalm zogen und die Säulen beider Gläser ein gehöriges Stück sanken. „Probier‘ mal deinen Tod. Du verpasst was. Mein Engel. Komm schon!“

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