Textspur

Der Zettel

Das Portmonee fiel zu Boden und entleerte sich vor seinen Augen. Münzen kugelten wie Murmeln zu allen Seiten, Notizzettel flogen wie kleine Papierflieger hinfort. Dennis wusste anfangs nicht wohin er zuerst schauen sollte, als er seiner Freundin helfen wollte. Doch dann wurde sein Blick von einem anfangs eher unscheinbaren gelben Zettel gefangen, welcher eine Notlandung auf seinem Schuh gemacht hatte. ‚Hilf mir‘ stand dort in krakliger verwackelter Schrift groß geschrieben drauf. „Was ist das?“ fragte er seine Freundin, die mit dem Aufsammeln des Geldes beschäftigt war. „Du meinst den Zettel? Den habe ich vor meiner Haustür gestern gefunden. Habe ich dir das nicht erzählt. Der lag dort zerknüddelt, als ich von der Arbeit gekommen war. Ich konnte den doch da nicht liegen lassen.“ „Weißt du von wem er sein könnte?“ „Bestimmt irgendwelche Nachbarskinder, die sich einen Spaß erlauben. Sozusagen Klingelmännchen ohne Klingel. Oder was meinst du? Wollte den eigentlich direkt wegwerfen. Naja.“

„Und was ist wenn er echt ist? Wenn jemand Hilfe braucht? Hast du schon mal darüber nachgedacht?“ „Schatz, du guckst zu viele Filme. Wirf ihn einfach weg und gut, ok?“ „Ach, ich weiß nicht. Gut, es ist unwahrscheinlich. Aber was wäre wenn, dann können wir nicht… Nein, dann dürfen wir ihn nicht ignorieren. Jemand braucht uns vielleicht.“ „Übertreib‘ mal nicht. Das wird Timo mit seinen Freunden gewesen sein. Du weißt, wie kleine Jungs ticken. Die spielen gerne mal so etwas.“ „Ach, ich gebe ja zu. Aber wenn. Was ist wenn jemand stirbt? Könntest du das mit deinem Gewissen vereinbaren? Ich nicht.“ „Schaaaatz. Jetzt ist gut.“ „Aber“. „Gib ihn mir! Ich packe ihn jetzt wieder ins Portmonee. Wir packen weiter zusammen, kaufen ein und dann reden wir noch einmal darüber, ok?“ „Aber was ist wenn es bis dahin schon zu spät ist. „Dennis“. Sinah verdrehte die Augen, dann drehte sie ihre Hand offen vor ihn hin. Dennis legte den Zettel reumütig in ihre Hand. „Na gut.“ Er wusste, dass jetzt jedes weiteres Widerwort die Bombe zu explodieren bringen konnte und er wusste, wie sie war, wenn sie sauer war. Dann hatte er keine Chance mehr auf schöne gemeinsame Stunden und dann war der Abend, den er herbeigesehnt hatte, gelaufen. „Geht doch. Und jetzt schauen wir, was wir noch fürs Essen brauchen, okay? Und lege einen anderen Blick auf.“ Dabei lächelte Sinah ihn mit großen Augen an und schaute dann leicht nach unten. „Denk an Miezi.“

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